Wirtschaftlicher Ausblick 2023
Auch wenn Preise an Dynamik verlieren, sollten die Inflationsraten 2023 dennoch auf höherem Niveau bleiben. Staatliche Subventionierungen und steigende Löhne mögen ein gewisses Potenzial von Zweitrundeneffekten haben. Im Wesentlichen sollte sich die Inflation weiterhin durch die Angebotsseite definieren. Der russische Angriff auf die Ukraine hat maßgeblich zu erhöhten Energiepreisen beigetragen. Die damit einhergehende Beschleunigung einer ohnehin geplanten Energiewende hin zu erneuerbaren Energien sollte die Energiepreise auch zukünftig auf höheren Niveaus halten. Somit wird die Politik der Zentralbanken weiterhin entsprechend restriktiv sein bzw. noch restriktiver werden und der Erwartung aufsteigender Renditen ein stabiles Fundament geben.
China sollte ein relevanter und bestimmender Faktor bleiben. Die Kehrtwende in seiner COVID-19-Politik sollte so lange noch ein Risiko für Lieferketten bedeuten, solange die Infektionsraten hoch bleiben. Damit ist der Unterschied zur vorherigen Null-COVID-Strategie zumindest kurzfristig nicht groß. Die Erholung insbesondere von Chinas inländischer Nachfrage stellt aber ein wesentliches Kriterium für die globale Entwicklung dar.
In diesem Umfeld ist eine deutliche Verbesserung der Konsumentenstimmung und damit eine Erholung der privaten Nachfrage nur unter recht hoher Unsicherheit erwartbar. In Summe sollte 2023 der Kulminationspunkt aller negativen Einflüsse sein. Das wahrscheinlichste Szenario stellt ein schwaches Wachstum zu Beginn des Jahres mit einer Indikation einer Erholung zum Ende des Jahres 2023 dar.
In diesem Umfeld erwarten die Analysten der Erste Group eine nahezu Stagnation der Wirtschaft der Eurozone im 1. Quartal 2023. Mit einem Auslaufen der Dynamik in den Preisen sollte ab dem 2. Halbjahr der Konsum wieder an Bedeutung gewinnen. Hier mag ein gewisses Risiko bedingt durch eine sinkende Beschäftigung zum Tragen kommen. Mit sich fortlaufend aufhellendem Umfeld sollten dann auch Investitionen zulegen. Mit insbesondere den Energie- bzw. Gaspreisen als wesentliche Unsicherheit erwartet die Erste Group ein Wachstum von 0,6 % in 2023, begleitet von einer durchschnittlichen Inflation von 5,6 %.
In Österreich wird in einem ähnlichen Szenario mit einem Wirtschaftswachstum von 0,6 % im Jahr 2023 gerechnet, wobei sich die Inflation weiter entspannen und mit einem Durchschnitt von 6,0 % für 2023 zu Buche schlagen sollte. Pandemiebedingter Druck auf den Arbeitsmarkt scheint im Wesentlichen durch Kurzarbeit aufgefangen worden zu sein. Nach höheren Arbeitslosigkeitsraten in den Vorjahren wird für 2023 eine Arbeitslosenrate von 4,6 % erwartet.
Für CEE liegt ein wesentlicher Unterschied darin, dass die lokalen Zentralbanken bereits wesentlich früher und ausgesprochen beherzt in ihrer Geldpolitik reagiert haben und damit den Höhepunkt ihres Zinserhöhungszyklus schon erreicht haben sollten. Auch wenn die Inflationsraten in CEE weiter gestiegen sind und im Falle Ungarns sogar über 22 % erreicht haben, wird auch hier ein Wendepunkt erwartet. Die durchschnittliche regionale Inflation sollte 2023 bei 12,1 % liegen. Externe Faktoren wie Energiepreise und Lieferketten sind auch in CEE die bestimmenden Faktoren, die damit auch ein Nachgeben der Inflationsraten in der zweiten Jahreshälfte 2023 definieren sollten. Abhängig vom Engagement der lokalen Regierungen könnten durchaus beträchtliche EU-Gelder die wirtschaftliche Entwicklung der Region unterstützen. Rumänien und Kroatien sind zum Beispiel aktuell führend in der Inanspruchnahme bestehender Konjunkturprogramme. Der private Konsum wird in CEE durch Reallohneinbußen weiterhin gedämpft bleiben, was in den moderaten Wachstumsausblick für die Region von 0,9 % für das reale BIP einfließt. Bei der Entwicklung der Arbeitslosenrate geht man aktuell von einem Anstieg von 4,8 % auf 5,1 % in 2023 aus.